Hausarzt, Orthopädin, Schmerztherapeutin: Welche Ärzte helfen mir wann bei Rückenschmerzen?

Erfahre, an wen du dich in welcher Phase deiner Behandlung wenden kannst und wer bei welchen Schmerzen der beste Ansprechpartner ist.

8 Min. Lesezeit
Arzt berührt den Rücken eines Patienten

* Wir sprechen in diesem Artikel alle Geschlechtsidentitäten an. Welchem Geschlecht du dich auch zugehörig fühlst, du bist eingeladen, dich mit der Schreibweise zu identifizieren, die dir am meisten zusagt! Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, haben wir bunt gemischt. Viel Freude beim Lesen.

Viele Patienten suchen mit ihren Rückenbeschwerden lange Zeit nach den richtigen Ärztinnen. Ist der Hausarzt geeignet, um Rückenschmerzen zu behandeln? Wofür ist eine Orthopädin zuständig? Wie kommt der Physiotherapeut ins Spiel? Und wann macht es Sinn, einen Spezialisten zurate zu ziehen?

Wir geben dir einen Überblick darüber, welche Ärzte bei der Behandlung von Rückenschmerzen eine Rolle spielen. Erfahre, an wen du dich in welcher Phase deiner Behandlung wenden kannst und wer bei welchen Schmerzen die beste Ansprechpartnerin ist. 

Wann sollte ich mit Rückenschmerzen überhaupt zum Arzt gehen?

Rückenschmerzen sind lästig, haben aber häufig keine schwerwiegende Ursache. Ob eine Behandlung und umfangreiche Diagnostik notwendig ist, kann mit einfachen Fragen geklärt werden. Ärztinnen suchen dann nach sogenannten red flags.(1) Das sind Warnhinweise, die auf eine spezifische Ursache hindeuten. Allerdings sagt ein einzelner Hinweis wenig aus. Vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend, das sich während der Anamnese ergibt.(2) Zu den red flags zählen unter anderem:

 
 
Frakturen/Osteoporose  Schwere Verletzungen nach Stürzen oder Unfällen
Langzeitbehandlung mit Cortison
 
Infektionen Fieber, Schüttelfrost
Starke Schmerzen in der Nacht
 
Nervenschäden Schmerz, der in die Beine ausstrahlt
Lähmungen, Gefühlsstörungen
 
Tumore/Krebs Starke Schmerzen in der Nacht
Ungewollter Gewichtsverlust
Starke Schmerzen in Rückenlage
Tumor- oder Krebsleiden in der Vergangenheit
 
Rheumatische

Erkrankung

Morgensteifigkeit
Begleitende Gelenkschmerzen oder Entzündungen
Schleichender Beginn der Schmerzen
 

Tabelle 1: Warnhinweise für einen behandlungsbedürftigen Verlauf bei Rückenschmerzen.(3),(4)  

Wir empfehlen dir, bei allen Rückenschmerzen, die länger als einige Tage bestehen und dich im Alltag beeinträchtigen, ärztliche Abklärung zu suchen. Meist sind keine intensiven Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Der Ausschluss von bedrohlichen Ursachen ist jedoch Balsam für das Gemüt.

Die Alleskönner: Allgemeinmedizinerinnen und Hausärzte in der Behandlung von Rückenschmerzen

Für viele Patientinnen ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle bei Beschwerden – nicht zuletzt, da die Wartezeiten, im Vergleich zu Fachärzten, kürzer sind. So wundern wir uns nicht, dass auch ein Großteil der Patienten mit Rücken- und Nackenschmerzen zunächst einen Termin bei ihrem Hausarzt machen. Rücken- und Nackenschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen, warum Patienten ihre Hausärztin aufsuchen.(5)

Da sich neu beginnende Rücken- und Nackenschmerzen meistens auch ohne aufwändige Behandlung bessern, werden durch geltende Leitlinien zunächst einfache Behandlungen empfohlen.6 Hierzu gehören z. B. Beratung und Aufklärung, körperliche Bewegung und ggf. die kurzzeitige Einnahme von Schmerzmedikamenten, um die entsprechende Bewegung zu ermöglichen.

Red flags können ebenfalls durch die Hausärztin ausgeschlossen werden, indem die Krankengeschichte erhoben und eine körperliche Untersuchung durchgeführt wird. Daher können in der Tat die meisten Fälle von Rückenschmerzen erfolgreich durch den Hausarzt behandelt werden.

Sollten sich die Beschwerden nicht bessern oder sich der Verdacht einstellen, dass eine konkrete, behandlungsbedürftige Ursache hinter den Beschwerden steckt, erfolgt die (Mit-)Behandlung durch Spezialisten, wie Orthopäden oder Schmerzmedizinerinnen.

Die Durchleuchter: Wann der Besuch beim Radiologen mit Rückenschmerzen Sinn macht

Etwa die Hälfte aller Patienten, die sich in Hausarztpraxen wegen Rückenschmerzen vorstellen, denken, dass bei Rückenschmerzen immer weiterführende Untersuchungen nötig sind.(6) Dabei empfehlen Expertinnen eher das Gegenteil: Nur wenn aus der erhobenen Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung red flags deutlich werden, ist weiterführende Diagnostik nötig.(7)

Wenn sogenannte “spezifische Rückenschmerzen” diagnostiziert werden, kommen die entsprechenden Fachärzte wie Orthopädinnen oder auch Neurochirurgen zum Zug. Zunächst wird der Verdacht mit diagnostischen Aufnahmen des betroffenen Rückenabschnitts überprüft.

Während viele Orthopädinnen Röntgenaufnahmen direkt in ihrer Praxis anfertigen können, werden andere medizinische Aufnahmen überwiegend von Radiologen übernommen. Zur weiteren Abklärung der Rückenschmerzen wird dann selten eine Kernspintomografie (MRT) durchgeführt.(8) Die Kernspintomografie hat mehrere Vorteile: Zum einen kann sie die nicht-knöchernen Strukturen der Wirbelsäule wie Nerven oder auch die Bandscheiben genau darstellen, zum anderen verursacht die Kernspintomografie keine Strahlenbelastung.(9)

Doch Wundermittel sind auch Kernspinuntersuchungen nicht: Viele Menschen weisen auf den Bildern Veränderungen der Wirbelsäule auf, welche die Schmerzen nicht ausreichend erklären. Daher sollten die beobachteten Veränderungen stets nur in einem größeren Zusammenhang mit der Krankengeschichte und den Ergebnissen der körperlichen Untersuchung gesehen werden.(10)

Welche Rolle spielen Physiotherapeuten in der Behandlung von Rückenschmerzen?

Viele Studien und internationale Leitlinien sind sich einig: Wenn Rückenschmerzen schon länger als sechs Wochen bestehen, sollte Bewegungstherapie (z. B. Krankengymnastik) Teil der Behandlung sein.(11)

Die Patienteninformation zur geltenden deutschen Leitlinie für Kreuzschmerzen empfiehlt Patientinnen, gemeinsam mit den behandelnden Physiotherapeuten eine passende Therapieform auszuwählen. Krankengymnastik für den Rücken kann auf viele Arten und Weisen durchgeführt werden. Es gibt jedoch keine sicheren Hinweise, dass eine bestimmte Form der Behandlung die einzig richtige wäre. Die richtige Krankengymnastik sollte Spaß machen, selbst zu erlernen sein und die Muskulatur am Rücken stärken.(12)

Physiotherapeutinnen sind auch in Manueller Therapie geschult. Bei dieser Behandlungsform wird durch die Einwirkung der Hände der Therapeutin auf den Rücken eine schmerzlindernde Wirkung erzielt.(13)

Ein wichtiger Grundsatz gilt in der Behandlung durch Physiotherapeutinnen: Eine aktive Behandlung, die dem Patienten ermöglicht, selbst etwas gegen seine Beschwerden zu unternehmen, sollte immer bevorzugt werden.

Die Spezialisten für behandlungsbedürftige Ursachen von Rückenschmerzen: Orthopädinnen und Neurochirurgen

Spätestens wenn in den Untersuchungen eine behandlungsbedürftige Ursache der Rückenschmerzen festgestellt wird, wie etwa ein Bandscheibenvorfall, erfolgt die Behandlung durch eine dieser beiden Fachrichtungen.

Orthopäden verfügen in der Regel über viel Erfahrung in der Behandlung von Schmerzen, die in das Bein ausstrahlen (Ischiasschmerzen) oder von Schmerzen des Iliosakralgelenks. Was genau Orthopäden bei Rückenschmerzen zur Behandlung unternehmen, ist je nach Befund und individueller Situation des Patienten sehr verschieden. Das Spektrum reicht von konservativen Behandlungsmethoden bis hin zu Operationen und sollte gemeinsam mit der Patientin diskutiert und beschlossen werden.

Treten die Beschwerden durch eine Einengung des Rückenmarkkanals oder Druck auf eine Nervenwurzel auf, so zum Beispiel bei einem Bandscheibenvorfall, werden sie häufig auch von Neurochirurgen behandelt.

Schmerztherapeutinnen und multimodale Therapie: Chronische Schmerzen erfolgreich behandeln

Viele Patienten, die an länger dauernden Rückenschmerzen leiden, haben bereits einen langen Leidensweg hinter sich und oft mehrere Ärztinnen in die Behandlung eingebunden.

Expertinnen verstehen unter sogenannten chronischen (also dauerhaft bestehenden) Rückenschmerzen alle Schmerzen, die länger als drei Monate ohne Unterbrechung bestehen und die Betroffenen entsprechend stark in ihrer Lebensqualität einschränken.13

Häufig ist die Behandlung bei länger bestehenden Schmerzen für Betroffene unbefriedigend. Denn wenn Rückenschmerzen länger bestehen, bildet sich im Körper und im Gehirn ein regelrechtes Schmerzgedächtnis.14 Ungeachtet dessen wird bei chronischen Rückenschmerzen oft eine rein körperlich orientierte Behandlung durchgeführt, teilweise auch mit starken Schmerzmitteln oder Operationen.15

Expertinnen empfehlen in den aktuellen Leitlinien bei der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen an mehreren Stellen gleichzeitig anzusetzen, um das Schmerzgedächtnis aktiv zu beeinflussen.16 Hier kommen Schmerztherapeuten zum Einsatz, die auch eine sogenannte multimodale Therapie einleiten können. Im Rahmen der multimodalen Therapie wird in einem interdisziplinären Team aus Ärzten, Psychologinnen, Physiotherapeuten und anderen Berufsgruppen die komplexe Ursache von Rückenschmerzen aus mehreren Richtungen angegangen.

Zum Schluss haben wir die wichtigsten Fragen auf dem Weg zu der richtigen Behandlungsmethode zusammengestellt. Erst wenn du und deine Ärztin alle relevanten Informationen und Antworten beisammen haben, können gute Entscheidungen getroffen werden, die den ersten Schritt zur Linderung möglich machen.

Das könnte dich dein Arzt fragen:
Zu deinen Beschwerden:
  • Wo haben Sie Schmerzen? Strahlen sie aus?
  • Wann sind Ihre Beschwerden erstmals aufgetreten?
  • Haben Sie in der Vergangenheit schon mal Kreuzschmerzen gehabt?
  • Haben Sie eine Schwäche von Muskeln oder Gefühlsstörungen an den Beinen bemerkt?
  • Wann sind die Beschwerden stärker oder schwächer?
  • Wie ist der zeitliche Verlauf der Schmerzen (tagsüber, nachts)?
  • Haben sich die Schmerzen in den letzten Tagen/Wochen/ Monaten verändert?
  • Wie stark sind die Schmerzen?
  • Schränken Sie sie bei täglichen Verrichtungen ein?
  • Wie sind Sie bisher behandelt worden?
  • Leiden Sie an einer psychischen Erkrankung, etwa einer Depression?
  • Haben Sie Stress, Ängste oder fühlen sich häufig angespannt/überarbeitet?
Zu deinen Medikamenten:
  • Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein? (Wenn ja, welches Präparat und in welcher Dosis?)
  • Haben Sie früher schon einmal Schmerzmittel genommen? Welches Medikament hat Ihnen gut geholfen?
  • Gibt es Medikamente, die Sie nicht vertragen?
  • Sind bei Ihnen Erkrankungen der Leber oder der Nieren bekannt?
Das könntest du deinen Arzt fragen:
Zur Behandlung allgemein:
  • Welche Behandlungsmöglichkeiten für Kreuzschmerzen gibt es? Welche kommen für mich in Frage?
  • Was sind die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verfahren?
  • Mit welchen Nebenwirkungen muss ich rechnen?
  • Wie lange dauert die Behandlung voraussichtlich?
  • Wann und wie oft muss ich wiederkommen?
  • Bin ich danach geheilt?
  • Was können Angehörige und Familie beitragen?
  • Wie kann das Risiko verringert werden, dass die Schmerzen nach der Behandlung wiederkommen?
  • Wie kann ich meine Beschwerden im Alltag positiv beeinflussen?
  • Welche Maßnahmen können mir dabei helfen?
  • Wo gibt es in meiner Nähe Rückenschulen/Selbsthilfegruppen?
Zur Einnahme von Medikamenten:
  • Wie lange muss ich die Medikamente einnehmen?
  • Was sind mögliche Nebenwirkungen (besonders bei Einnahme über einen längeren Zeitraum)?
  • Mit welchen Folgen ist zu rechnen, wenn ich lieber weniger Medikamente nehmen möchte oder die Einnahme einmal vergesse?
  • Wann sollte sich spätestens eine Wirkung der Medikamente zeigen?

Am Ende bleibt die gute Nachricht, dass es viele Expertinnen gibt, die sich der Diagnose und Behandlung deiner Schmerzen widmen. Kommt noch ein vertrauensvolles Verhältnis dazu, sind viele wichtige Kriterien für die Schmerzlinderung bereits erfüllt. Wir wünschen dir eine gute Besserung!

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