Team-Interview mit Privatdozent Dr. med. Marc Spielmanns

Bei Kaia Health arbeiten 112 Menschen jeden Tag daran, die Welt ein wenig aktiver und gesünder zu machen. Das ermöglichen Expert:innen aus den Bereichen der Pneumologie und Schmerzmedizin, die wir euch hier vorstellen!

7 Min. Lesezeit
Portrait Dr. med. Mark Spielmanns

Liebe Leser:innen, mein Name ist Rehmesmee, ich bin Copywriterin und seit einem Jahr bei Kaia Health tätig. Was du von uns als Unternehmen noch nicht kennst, sind Gesichter. Und zwar von den Menschen, die unser Team ausmachen und unser Produkt auf ihre ganz individuelle Art und Weise mitgestalten. Deshalb habe ich einige meiner Kolleg:innen vor das virtuelle Mikrofon gebeten!

Heute stelle ich euch Privatdozent Dr. med. Marc Spielmanns vor. Herr Spielmanns ist Chefarzt der pneumologischen und internistisch-onkologischen Rehabilitation der Zürcher RehaZentren Klinik Wald und Davos. Dank seiner Expertise und Unterstützung ist Kaia COPD vorläufig im DiGA-Verzeichnis gelistet! Aktuell begleitet er als Principal Investigator die Zulassungsstudie für die dauerhafte Listung von Kaia COPD als App auf Rezept.

Im Gespräch hat er mir verraten, was ihn an digitaler Gesundheit fasziniert und ob Technologie Mensch und Medizin tatsächlich besser macht.

Guten Tag Herr Spielmanns, was tun Sie, wenn Sie nicht mit Kaia Health zusammenarbeiten? 

Ich bin Internist und Pneumologe aus Deutschland und seit sechs Jahren in der Schweiz tätig. Primär als Chefarzt, zwischenzeitlich auch als ärztlicher Direktor der Zürcher RehaZentren. Gerade sitze ich am Standort Davos, wo es auch eine pneumologische Abteilung gibt. Da kommt auch die Verbindung zu Kaia Health her. Wissenschaftlich bin ich assoziiert mit der Universität Witten-Herdecke, wo ich auch habilitiert habe.

Es war damals so, dass die beiden Firmengründer von Kaia Health bei mir aufgeschlagen sind und sagten „Herr Spielmanns, wir haben eine tolle App, die können Sie gerne mal Ihren Patient:innen empfehlen”. Sie hatten zu dem Zeitpunkt erst eine Anwendungsbeobachtung durchgeführt.

Mir fehlten also Daten. Ich bot den beiden an, eine klinische Studie durchzuführen und zu gucken, ob ihre App wirklich funktioniert und ob man sie den Patient:innen tatsächlich empfehlen kann. Ich glaube, sie waren daraufhin ein bisschen bedröppelt. Ich dachte, ich sehe die beiden nie wieder, aber irgendwann kamen sie zurück und sagten: „Hört sich gut an, was ist Ihre Idee?”

So kam eins zum anderen. Was wir dann realisiert haben, war, den Nutzen in der Post-Reha-Phase zu checken. Das ist eine wichtige Phase. Wenn Patient:innen in die Reha gehen, geht es ihnen danach in der Regel wesentlich besser, gerade den COPD-Patient:innen. Wenn sie dann wieder nach Hause kommen, geht der Alltag weiter und der Reha-Effekt ist schnell verpufft. Das wirft immer wieder ein schlechtes Licht auf das Konzept der stationären Reha, also nach dem Motto „Auf Dauer bringt das nix”.

An dem Punkt dachte ich, dass eine digitale Therapie ideal sein könnte. Es gab schon verschiedene telemedizinische Projekte, aber kein dediziertes Studienprotokoll mit einem klinisch relevanten Endpunkt. Die meisten Studien gehen in Richtung Lebensqualität und setzen auf Befindlichkeitsfragen. Das ist immer sehr subjektiv. Die physische Aktivität ist aber nicht subjektiv, dazu gibt es sehr gute Daten, nicht nur in Bezug auf COPD-Patient:innen– je aktiver ein Mensch ist, desto besser ist die Überlebensrate, desto stabiler ist der Krankheitsverlauf. 

Deshalb haben wir uns im Rahmen der Studie für einen Activity Tracker in Kombination mit der Kaia COPD App entschieden. Es ging primär um die Gehstrecke, also um die Schritte, die Patient:innen im Laufe eines halben Jahres pro Tag zurücklegen und das im Vergleich randomisiert-kontrolliert. Das heißt, eine Gruppe bekam die Regelversorgung, also die üblichen Empfehlungen nach einer Reha und die andere Gruppe erhielt Zugang zur App. Beide Gruppen nutzten zusätzlich einen Activity Tracker in Form einer Uhr. Damit lief die Studie an.

Was soll ich sagen, die Daten waren einfach großartig und haben sehr eindeutig gezeigt, dass die Patient:innen erheblich von der Nutzung von Kaia COPD profitieren. Je mehr sie die App nutzen, desto größer der positive Effekt und schließlich sogar die körperliche Aktivität. 

Privatdozent Dr. med. Marc Spielmanns über die Daten der AMOPUR-Studie.

Sie müssen es sich so vorstellen, COPD-Patient:innen exazerbieren, also verschlechtern sich akut, kommen ins Krankenhaus und danach in die Reha. Dann machen sie die Reha und sind am Ende in einem persönlichen Bestzustand.

Der Zustand der Patient:innen, die an der Studie teilgenommen haben, war also bereits auf einem hohen Niveau. Was dann passierte, war interessant: Wenn Patient:innen die Regelversorgung in Kombination mit dem Activity Tracker bekamen, haben sie sich sukzessive verschlechtert über das halbe Jahr nach der Reha. Die Patient:innen, die den Activity Tracker und Kaia COPD genutzt haben, konnten ihre körperliche Leistungsfähigkeit, also den Bestzustand nach Reha, erhalten. Das fand ich sehr überzeugend.

Was glauben Sie, war der Knackpunkt? Ist es, dass Patient:innen ein Tool haben, mit dem sie gesunde Gewohnheiten entwickeln können?

Ich glaube, dass eine digitale Therapie gut funktioniert, aber vor allem auch die Kombination aus App und Kontrolle der körperlichen Aktivität mit dem Tracker. Ob die App alleine funktioniert, werden wir im Folgeprojekt sehen, da ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patient:innen der primäre Endpunkt, sowie die körperliche Leistungsfähigkeit.

Was war Ihre Hauptmotivation, die AMOPUR-Studie und jetzt auch die KOALA-Studie für Kaia Health zu begleiten?

Das Projekt passt sehr gut zu uns, weil wir ein Zentrum sind. Die Patient:innen kommen aus der Schweiz in unsere Kliniken, machen ihre Reha und sind anschließend wieder zu Hause. Die AMOPUR-Studie war ein Weg, über die stationäre Reha hinaus den Kontakt zu den Patient:innen zu halten und zu intervenieren. Das ist etwas, was zukunftsträchtig ist. Es braucht jemanden, der sich um genau dieses Setting in allen Facetten kümmert, auch in der Zeit vor der Reha, wenn die Patient:innen im Krankenhaus sind. Es gibt Daten, die zeigen, dass das Outcome viel besser ist, wenn man sehr früh mit Reha-Elementen anfängt.

Wo stehen wir in der Entwicklung von digitalen Therapien in 20 Jahren?

Ich glaube, dass die Gesundheitsversorgung mit Apps, Telemedizin, Artificial Intelligence und Robotik erheblich zunehmen wird. Einfach, weil wir immer weniger Personal haben bei immer höheren Patientenzahlen und wir diese Technisierung brauchen, um dem erhöhten Bedarf gerecht zu werden. Aber es braucht letztendlich immer noch den Fachmann bzw. die Fachfrau. Das kann man nicht wegrationalisieren. Es wird keine digitale Klinik geben, in die man reingeht und keine Menschen mehr sieht, auch nicht in 20 Jahren. Aber es wird natürlich erheblich mehr Technologie geben, wie zum Beispiel ein Serviceroboter, der Essen ans Bett bringt und dadurch jemanden ersetzen wird.

Es gibt auch schon Gehhilfen, die intelligent sind, wie Exo-Suits, die man anzieht und die einen während der Bewegung unterstützen. Diese Unterstützung wird dann mit der Zeit immer weniger, je nach Fortschritt der Patient:innen.

Das wird mehr werden, da bin ich mir sicher. Aber es braucht natürlich immer jemanden, der den Überblick hat und die Patient:innen kennt.

Es wird keine digitale Klinik geben, in die man reingeht und keine Menschen mehr sieht, auch nicht in 20 Jahren.

Privat­dozent Dr. med. Marc Spiel­manns

Sehen Sie die Technologie als Hürde an, wenn Sie an die COPD-Patient:innen denken?

COPD Patient:innen sind aktuell nicht wahnsinnig technikaffin, aber das ändert sich. Meine Erfahrung war, dass wir nur vier Leute ansprechen mussten, um eine Person für die Studie zu gewinnen. Mittlerweile hat fast jeder ein Smartphone und kann es einigermaßen gut nutzen. In Zukunft behandeln wir natürlich auch die Generation, die mit Technologie groß geworden ist und einen natürlichen Umgang damit hat. Es wird sich in ein paar Jahren nochmal deutlich zugunsten solcher Tools verschieben.

Glauben Sie, dass KI den Menschen besser und gesünder machen kann?

Wenn man darunter versteht, dass Patient:innen Zugang zu einer effektiveren Therapie erhalten sowie besseren Zugriff auf das Gesundheitssystem, dann würde ich sagen: ja. Geschickt eingesetzt, können wir sicherlich alle davon profitieren, sowohl die Ärzt:innen als auch die Patient:innen.

Ich glaube, dass DiGA ihre Berechtigung haben, aber es darf nicht so sein, wie es im Moment ist. Es gibt eine Verordnung, der Patient bekommt eine App, und dann wird er eigentlich mit dieser App alleine gelassen. Ich glaube, dass der menschliche Support, also der persönliche Kontakt zu den Ärzt:innen wichtig ist.

Nennen Sie eine wichtige Sache, die Sie in der Zusammenarbeit mit Kaia gelernt haben.

Es hat uns sehr geholfen, in der Reha-Nachsorge ein Tool zu haben, wo man wirklich nach wissenschaftlichen Kriterien sagen kann „Ja, das bringt’s”.

Das ist es, was bei den meisten Apps fehlt. Viele wollen eben das schnelle Geld machen, kommen auf den Markt und sagen „Unser Produkt ist toll und funktioniert”, aber der Beweis fehlt eigentlich. Hier glaube ich, zumindest nach den Kriterien im Rahmen einer wissenschaftlich gut belegten Arbeit, dass Kaia COPD etwas taugt. Das ist ein entscheidender Schritt.

Wir konnten die Ergebnisse wirklich hervorragend publizieren in einem Top-Journal, das haben sie nicht umsonst gemacht, weil das die erste Arbeit ist, die das genau gezeigt hat. Jetzt kommt die zweite Studie, die ein anderes Spektrum von Patient:innen untersucht, also Patient:innen mit COPD, die sich in ihrem Alltag befinden und nicht unmittelbar von der Reha kommen. Das ist der nächste Schritt.

Wir sind also gespannt auf die Ergebnisse!

Das sind wir auch und bedanken uns für das freundliche Gespräch!

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